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Archiv verlassen und diese Seite im Standarddesign anzeigen : Wie heiß dürfen Setups werden?



lithium500mg
4.July.2017, 14:36
Ich stelle hier mal eine Frage, die mich schon länger beschäftigt:

Wie heiß dürfen Setups werden?

Nach meinen Wissensstand ist es so, das Brushlessmotoren sich ab 100° entmagnetisieren und so an Wirkungsgrad bis hin zu 0 verlieren. Ideale Betriebstemperatur sollte meines Wissens zwischen 70 und 80° liegen.

Lipos sollten nicht über 60° warm werden. Regler irgendwo dazwischen.

Prinzipell ist kälter sicher materialschonender. Aber im Modellbau geht man halt oft an die Grenze.

Was mir so auffällt: Viele reden von einen "handwarmen" Setup. Da muss ich immer an meinen Vater mit seinen Asbestfingern denken. Wie "handwarm" ist denn für euch handwarm. Was sind eure Erfahrungen?

Ich nutze z.B. Ein Infrarotthermometer und messe den Motor hinten an der Motorwelle.

Gruß Tino

plinse
4.July.2017, 19:30
Ich stelle hier mal eine Frage, die mich schon länger beschäftigt:

Wie heiß dürfen Setups werden?

Nach meinen Wissensstand ist es so, das Brushlessmotoren sich ab 100° entmagnetisieren und so an Wirkungsgrad bis hin zu 0 verlieren. Ideale Betriebstemperatur sollte meines Wissens zwischen 70 und 80° liegen.

Ideal für den Elekzromotor ist "kalt". Mit Wärme wird er elektromagnetisch nur schlechter, nur das Fett in den Lagern mag es etwas wärmer aber Kupfer leitet bei steigender Temperatur schlechter und bei NdFeB verliert der Magnet ca. 0,1%/K etwa an Fluss. 10K Temperaturanstieg lassen 1% Fluss verschwinden, also 1% seiner "Kraft".

Das ganze ist erst mal linear. Dummerweise sinkt auch die Belastbarkeit des NdFeB-Magneten mit steigender Temperatur - etwa eine Reduktion von gut 0,5%/K, was da verloren geht. Auch das ist erst mal linear und reversibel.

Bis zu welcher Temperatur die Motoren das aushalten?

Magnet ist eine Dimensionierungsfrage, das kann man pauschal nicht sagen. Wird die dimensionierte Belastbarkeit überschritten, entmagnetisieren sie irreversibel und sind "kaputt":


Teuer ertüchtigte Hochtemperaturauslegungen in NdFeB gehen durchaus bis 200°C Magnettemperatur - die Frage ist aber auch, was der Motor dann noch können soll ;-)
Motoren aus dem Niedrigtemperatureinsatz machen ggf. schon bei 80-90°C Magnettemperatur unter Belastung die Grätsche
Modellbaumotoren gibt es in edel und in billig, wer da was verbaut, ist nicht pauschal zu sagen:

Niedrigtemperaturmagneten haben mehr Fluss, geben aber früher auf - sind billiger
Hochtemperaturmagneten haben weniger Fluss, halten aber höhere Belastungen und Temperaturen aus - sind deutlich teurer
Der typische Modellbaumotor dürfte ein Kompromiss sein...



Das tückische ist aber vor allem, dass man bei Innenläufern von der Magnettemperatur nicht viel mitbekommt und den Rotor auch nicht wirklich kühlen kann. Dazu hängt die Magneterwärmung mit dem Betrieb zusammen, in Teillast durch die Taktrippel erwärmen sich die Magnete verstärkt.

Kupfer:
Die Isolationssysteme guter maschinenbaulicher drähte gibt es problemlos bis 220°C zu kaufen, 180°C ist kostenbewusster anspruchsvoller Standard. Was der Modellbauchinese verbaut? Keine Ahnung und jeder wahrscheinlich anders, ggf. auch über die Produktionszeit gewisser Motoren wechselnd...



Lipos sollten nicht über 60° warm werden. Regler irgendwo dazwischen.

Prinzipell ist kälter sicher materialschonender. Aber im Modellbau geht man halt oft an die Grenze.


LiPo nach der Fahrt handwarm - ggf. etwas mehr ist ok. Wer auf 40°C vorheizt, hofft ja auf weniger Eigenerwärmung, muss dafür mit der oberen Grenze mehr aufpassen. Die Frage sind auch hier wieder HotSpots im Akku. Fährst du gleichmäßig 5-10Minuten oder fährst du SAW artig einzelne, wenige Bahnen?

Wer im Modellbau an die Grenzen geht, sollte genau wissen, was er tut und sich die Antworten oben selbst gehen können.

Wer gleichmäßig 5-10min fahren will, ist mit "alles gut handwarm" gut beraten, dann ist es unwahrscheinlich, dass er sich durch "militante Teillastfahrt eines mies abgestimmten Bootes" die Magnete oder Elkos gar kocht. Dazu ist auch wichtig, die Orte der Wärmeentstehung zu kennen und an den richtigen Stellen anzufassen:


Teillastgegurke: Magnete und Elkos werden zuerst kritisch
Vollgasheizerei auf wenigen Graden mit extremer Hochbelastung: Das Kupfer der Motoren, die innerliche Akkuerwärmung und die Transistoren der Steller setzen die Grenzen, teils deutlich, bevor die Komponenten außen warm werden.




Was mir so auffällt: Viele reden von einen "handwarmen" Setup. Da muss ich immer an meinen Vater mit seinen Asbestfingern denken. Wie "handwarm" ist denn für euch handwarm. Was sind eure Erfahrungen?

Ich nutze z.B. Ein Infrarotthermometer und messe den Motor hinten an der Motorwelle.

Gruß Tino

Motorwelle ist ein gutes Inditz für die Magnettemperatur. Hat der Motor einen Wasserkühlmantel, sollte der außen echt nur handwarm oder etwas mehr werden, auf jeden Fall noch gut anfassbar.

Ansonsten siehe oben:
Was hast du gemacht? --> Daraus resultieren die Grenzen, auf die du achten solltest.

Denke ich an meine Hotliner-Antriebe: ~5sec Einschaltdauer, Teillast nur sehr kurz und dann auch nicht mehr als 30%, nach 1-3 Flugsaisons je nach Anzahl der Flüge die Elkos am Steller neu machen (also öfter als die Lager der Motoren) :rolleyes:...

Und der Rest ist "Learning by burning" ;-)

Grüße, Eike

lithium500mg
5.July.2017, 09:25
Sehr aufschlussreich! Vielen Dank.

Ich hab noch nicht all zulange ein Infrarotthermometer. Ich war ehrlich gesagt erstaunt, das meine "handwarmen" Lipos laut Messung doch 50° haben. Hätte ich nicht gedacht. Der Scorpion 3226 in meiner Chucky Evo wird 70° warm.