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Archiv verlassen und diese Seite im Standarddesign anzeigen : Segelbootsrumpf Plan Erläuterung - viele Fragen ;(



y.o.r.k
16.December.2016, 15:15
Ich habe einen alten Plan eines Segelbootes bekommen. Den habe ich gescannt, digital wieder zusammengesetzt (war zerrissen) und jetzt möchte ich das Boot konstruieren.
Ein paar Sachen sind mir am Plan nicht ganz klar, aber es gibt hier sicher Spezialisten die mir da weiter helfen können.
Die Vor- bzw. Rückansicht ist klar. Das sind jeweils die halben Spantenrisse.

° KWL : Ich gehe davon aus dass es KonstruktionsWasserLinie heißt. Ab und zu sieht man auch nur WL, ist da ein Unterschied?

° Wenn ich mir in der Kieldraufsicht (rote Linie) den Querschnitt ansehe ist dieser eher linsenförmig, die Profilschnitte des Kiels (im blauen Kasten) haben eher ein Tragflächenprofil. Wie passt das zusammen?

° Wozu , bzw. welche Information liefern die grünen Linien im Seitenriss? Die ergeben sich doch automatisch durch die Spanten? Das Gleich auch in der Draufsicht.

° Die vielen Zahlen rund um die Schnitte haben sicher ein Bedeutung, nur mir erschließt sie sich nicht ;(
1-14 , A-N ist klar, das sind die Spanten/Kielschnittpositionen bzw. die Spantenpositionen
98, 85 56,1 ,83,... im Seitenschnitt, bugseitig = ?
31,4,18,65, ... an Ruder = ?

° In den Spantenrissen ist zu sehen, dass zwischen Spant 7 & 8 offensichtlich ein Niveauunterschied besteht. In den Draufsichten (Bild2) kann ich da so nicht erkennen. Ist der Übergang üblicherweise eine Stufe oder eher ein Verlauf? Die Wantschienen (lila eingerahmt) sind in der Skizze nämlich als gerade Winkel gezeichnet.

° Abb. 3 Die Helling: Ich denke die grüne Fläche zeigt die Beplankung, die roten Streifen sind wahrscheinlich Leiste welche an die Spanten gepinnt werden um die Beplankung zu halten, die kommen später wieder weg. Oder?

° Die Schnittzeichnungen (Abb. 3 Die Helling), blau & braun eingerahmt, ist das der Kiel? Die Stufe dient als Abschluss für die Planken (rosa eingezeichnet)?

Sonst ist alles klar! *pleased*

MiSt
16.December.2016, 16:31
Ich habe einen alten Plan eines Segelbootes bekommen. Den habe ich gescannt, digital wieder zusammengesetzt (war zerrissen) und jetzt möchte ich das Boot konstruieren.
Ein paar Sachen sind mir am Plan nicht ganz klar, aber es gibt hier sicher Spezialisten die mir da weiter helfen können.
Die Vor- bzw. Rückansicht ist klar. Das sind jeweils die halben Spantenrisse.

° KWL : Ich gehe davon aus dass es KonstruktionsWasserLinie heißt. Ab und zu sieht man auch nur WL, ist da ein Unterschied?

Ja/Alle Wasserlinien außer der KWL heißen WL.


° Wenn ich mir in der Kieldraufsicht (rote Linie) den Querschnitt ansehe ist dieser eher linsenförmig, die Profilschnitte des Kiels (im blauen Kasten) haben eher ein Tragflächenprofil. Wie passt das zusammen?

Der Teil der Kielflosse in der Nähe des Rumpfes ist eher dünn, um wenig Widerstand zu erzeugen, und hat in diesem Plan einen linsenförmigen Querschnitt, auch im blauen Kasten. Er könnte auch eine Platte sein oder profiliert sein.

Der untere Teil ist wieder voluminöser, um Gewicht aufnehmen zu können. Daher hat sich der Planzeichner die Mühe gemacht, die effizientere Profilform zu realisieren.



° Wozu , bzw. welche Information liefern die grünen Linien im Seitenriss? Die ergeben sich doch automatisch durch die Spanten? Das Gleich auch in der Draufsicht.

Ein Spanten- und Linienriss heißt so, weil er lauter paralelle Schnitte waagerecht (Wasserlinien), senkrecht und quer (Spanten) zum Schiff hat. Für vertikale oder horizontale Schichtbauweise - falls man das vorhat - sind die anderen Linien nützlich. Und klar - die bedingen sich gegenseitig. Man kann auch gut abschätzen, wie der Rumpf aussieht - wie an einem Höhenprofil einer Karte.


° Abb. 3 Die Helling: Ich denke die grüne Fläche zeigt die Beplankung, die roten Streifen sind wahrscheinlich Leiste welche an die Spanten gepinnt werden um die Beplankung zu halten, die kommen später wieder weg. Oder?

Nein, das glaube ich nicht. Die Vollspanten werden nach dem Bau des Rumpfes entfernt. Ich denke eher, dass das grüne Trennpapier ist und das rote der Spant. Die Bauweise nennt man "Mallenbauweise" oder auch "Schalenbauweise". Wird sehr leicht und es nichts Störendes im Rumpf.



° Die Schnittzeichnungen (Abb. 3 Die Helling), blau & braun eingerahmt, ist das der Kiel? Die Stufe dient als Abschluss für die Planken (rosa eingezeichnet)?

Ja.

MiSt
16.December.2016, 23:28
° In den Spantenrissen ist zu sehen, dass zwischen Spant 7 & 8 offensichtlich ein Niveauunterschied besteht. In den Draufsichten (Bild2) kann ich da so nicht erkennen. Ist der Übergang üblicherweise eine Stufe oder eher ein Verlauf? Die Wantschienen (lila eingerahmt) sind in der Skizze nämlich als gerade Winkel gezeichnet.

Die rechte Hälfte des Spantenrisse ist fehlerhaft gezeichnet. Es fehlt pro Spant die Deckswölbung ... dass da eine sein muss sieht man am Seitenriss. Dann passt es auch mit der Draufsicht, den geraden Wantschienen und dem üblichen Aussehen solcher Boote.

molalu
17.December.2016, 09:58
Hallo zusammen,
die Antworten von Michael sind sehr qualifiziert. Es handelt sich um den klassischen Riss einer Marblehead als sogen. Freifahrer mit Windfahnensteuerung. Das Längenmaß des Rumpf entspricht exakt den heutigen, modernen Regatta-Rümpfen.
Gravierender Unterschied ist das Kielgewicht. Aufgrund des kurzen Kiel lt. Plan sind 5,5 kg sicherlich angemessen. Die heutigen Marblehead fahren mit ca. 3kg, aber deutlich längerem Kielschwert (aufrichtendes Moment).
Ich glaube anders als Michael nicht, dass es Sinn macht die Spanten nach der Seiten-Beplankung zu entfernen, weil damit dem Rumpf die Stabilität entzogen wird. Lt. Plan wird ein Stabdeck verarbeitet. Ohne die Auflage der Spanten wäre das schwierig.
Die größte Herausforderung sehe ich beim Rigg. Einen Rigg-Plan gibt es offensichtlich nicht, sonst hättest Du bestimmt das Foto eingestellt. Ich denke, das bei diesem kurzen Kiel ein Mast mit einer Länge von 1,80 mtr. über Deck ausreichend ist. Problem wird nur Größe und Profil von Groß- und Vorsegel. Du willst sicherlich mit Winde und Ruderservo segeln. Dazu ist das im Plan vorgesehene Ruder untauglich. Das Ruder muss komplett neu gestylt werden. Ähnlich wie der Kiel profiliert, so weit wie möglich in Richtung Heckspiegel und relativ lang (Spaten-Ruder).
Dennoch ein tolles Bauprojekt. Viel Spaß damit.

molalu
17.December.2016, 10:52
Hallo zusammen,
im Anhang ein Foto von einem Rumpf-Gerüst mit Spanten, die aber nicht als "Voll-Material" verarbeitet wurden und die im Rumpf verbleiben.
Als kleiner Tip - geh mal auf die Seite von www.classic-modellyacht-design.de . Axel Franzen ist ein sehr aufgeschlossener Typ und hilft gerne bei Problemen. Eventuell kann er Dir Deinen Plan sogar in CAD übernehmen und das Spantengerüst präzise fräsen.
89127

MiSt
18.December.2016, 12:46
Um nochmal kurz auf die Bauweise einzugehen:

Natürlich kann man (und sollte man, wenn man die Möglichkeit hat) heutzutage Spanten so fräsen oder lasern (lassen), dass kaum Gewicht im Rumpf verbleibt. Man hätte das früher auch mit der Laubsäge oder Dekupiersäge gekonnt und hat das durchaus auch gemacht je nach Bedarf und Vorrat an Zeit und Geduld.

Trotzdem ist die (Schalen-)Bauweise mit verlorenen Spanten und darauf nass gebogenen (dadurch keine angeschnittenen Fasern ==> optimale Steifigkeit) Leisten/Beplankung durchaus gängig gewesen und in der einschlägigen Literatur (O. Curti, W. z. Mondfeld) beschrieben. Es entsteht eine extrem leichte und dennoch stabile Schale, in die man natürlich Decksauflagen einbauen muss, um das Deck aufbringen zu können. Das ähnelt durchaus der Bauweise echter Holzboote.

Die Bauweise hat(te) auch den Vorteil, dass man auf den verlorenen Spanten mehr als einen Rumpf bauen kann/konnte, vorausgesetzt, das Trennpapier oder die -folie hatte seinen/ihren Job ordentlich gemacht.

y.o.r.k
18.December.2016, 13:03
Danke für die ausführlichen Infos. Diese werde ich jetzt einmal genau durchdenken und sehen ob ich das umsetzen kann. Die Vollspanten sollten sowieso nicht so bleiben. Ich dachte an eine Version wie von molalu im Bild zu sehen. Über den Bau solcher Bootsrümpfe habe ich einige Bücher von Trevor Ries, die beschreiben eine Bauweise wie Michael sie anspricht. Ein Riggplan ist vorhanden, auch die Windfahnensteuerung ist zu sehen.

molalu
19.December.2016, 11:02
Viele Wege führen nach Rom - und natürlich kann man den Rumpf auch ohne die Spanten zum Laufen bringen. Das muss jeder für sich entscheiden. Ich würde aus langjähriger Bau-Erfahrung die Spanten nicht entfernen.
Der Rigg-Plan sieht seht gut aus. Falls Du einen guten Segelmacher benötigst - der einzige noch übrig gebliebene Segelmacher für Modell-Segel in D, der unglaublich gute Segel in verschiedenen Gewebearten anbietet, ist die Firma Latsch-Segel in Borgholzhausen bei Gütersloh.

Larger
19.December.2016, 12:19
Hi, schönes Projekt. Mit was willst Du beplanken? Zedernhiolz wäre da sehr gut.
Das was Du im Bild 3 rot gekennzeichnet hast, ist für mich so was wioe ein "Hilfsspant", der im Rumpf verbleibt und die einzelnen Planken nochmal quer verbindet. Diese Einkerbung beidseits am Kiel heißt Sponung. Da laufen die Planken rein
http://www.minisail-ev.de/mb/mb-03-15/mb-03-15.htm
hier ist das alles schön erklärt.
Kannst auch mal bei rc-network nachfragen, da treffen sich die Modellsegler, zumindest die Wettbewerbler.
Vielleicht erfährst Du da mehr zu Deinem Plan. Es gab mal ein Modell namens Aida. da verkauft bei Ebay auch einer für teuer Geld einen steinalten Zeitungsartikel in dem beschrieben wird, wie man das Teil auf RC umrüstet.

Gruß Heiko

y.o.r.k
20.December.2016, 11:59
Hi Heiko,

wie ich es beplanken will? Soweit bin ich mit meiner Überlegung noch gar nicht. Aber Zedernholz ist vorgemerkt.
Der Minisails-Link ist sehr gut, bin den aber erst kurz überflogen, den muss ich mir in einer Mußestunde noch genauer ansehen, thx.

y.o.r.k
19.January.2017, 23:43
Hat ein bisserl gedauert. Den Link vom Heiko habe ich mir durchgelesen, ist sehr interessant. Mein aktueller Stand.

y.o.r.k
19.January.2017, 23:50
Die rechte Hälfte des Spantenrisse ist fehlerhaft gezeichnet. Es fehlt pro Spant die Deckswölbung ... dass da eine sein muss sieht man am Seitenriss. Dann passt es auch mit der Draufsicht, den geraden Wantschienen und dem üblichen Aussehen solcher Boote.

Ich habe den Seitenriss direkt auf die Spanten übertragen. Dieser zeigt nur die Linie an den oberen Spantenkanten (in den ersten beiden Bildern die blaue Linie. Die erkennt man wenn man genau schaut.), die Deckswölbung sieht man in diesem Plan gar nicht. demnach müsste das Deck so aussehen wie in meinen 3D-Plänen zu sehen.

MiSt
20.January.2017, 09:51
Das Deck ist mit Sicherheit durchgehend gewölbt:


weil sonst die Wantschienen nicht ohne weiteres montierbar sind
weil es in der Draufsicht nicht ersichtlich ist, dass da ein Absatz ist
weil im Seitenriss die Decksmittellinie höher ist als die Außenkontur, auch hinter dem mittleren Spant
weil konkave Anteile des Decks wie im 3D-Modell Unsinn sind hinsichtlich Wasserablauf
weil Absatz wie auch die konkaven Anteile komisch aussehen und an einer Rennziege keinerlei Sinn ergeben
weil halt zuweilen fehlerhafte Pläne veröffentlicht wurden und werden

molalu
20.January.2017, 17:33
Ich sehe das genauso. Das Deck hat eine Wölbung - auch Deckssprung genannt. Klassische Holz-Yachten haben diesen "Sprung" grundsätzlich. Nicht nur um überkommendes Wasser ablaufen zu lassen. Das hat auch etwas Stabilität zu tun. Verwindungssteifigkeit.