gerbermo
30.June.2011, 22:48
Was ist eigentlich das entscheidende an einem BL-Motor?
Wenn ich mal die Rotorendurchmesser mit dem Gehäusedurchmesser vergleiche:
-Lehner 19er Serie: 19mm, 2-Poler, Außendurchmesser( 36mm)
-Teenschock 22er: 22mm, 4-Poler, Außendurchmesser( 38mm)
-Leopard 40er: 18,75mm, 4-Poler, Außendurchmesser( 40mm)
Somit müsste ein Teenschock ein wahres Wunder sein???
kirschgruen
1.July.2011, 00:24
Habe zwar keine fundierten Kenntnisse, aber der Rotordurchmesser allein sagt ja nichts darüber aus wie viel Magnetmaterial (und in welcher Güte) verbaut wurde.
Klar können mit einem größeren Durchmesser, rein mechanisch, höhere Momente erzeugt werden (größerer Hebel steht zur Verfügung, Drehmoment = Kraft * Hebelarm).
Aber der Wicklungshokuspokus und der Statorsimsalabim machen ja erst den Zauber ...
btw: die 22er TS sind 6-Poler (15er gab es / gibt es als 2 / 4 Poler)
es gibt aber auch Innenläufer mit D = 28 mm als 6-Poler (Mega, Typhoon)
Gruß Fabian
Teen-shock. LOL. Schöner Vertipper. Tenshock heißt's richtig. Und ja, die 22er sind 6-Poler.
1. Für 90-95% der Güte eines E-Motors sind nur 2 Faktoren interessant: Leerlaufstrom (I_leer) und Innenwiderstand (Ri). Das ist so, weil es nur 2 Verluste im Motor gibt: die Leerlaufverluste und die ohmschen Verluste. Diese und die Betriebsspannung (Ub) bestimmen die Wirkungsgradkurve und daraus kann man den Betriebspunkt eines Motors berechnen: das wäre dann der Strom bei max. Wirkungsgrad (I_etaMax).
I_etaMax = Wurzel(I_Leer * Ub/Ri)
Geht man von gleicher Drehzahl aus, dann hat ein schwerere Motor idR einen höheren Leerlaufstrom (größere Lager, mehr Wirbelstromverluste, weil mehr Eisen im Motor) und einen niedrigeren Ri (mehr Platz für Kupferwicklungen). Das verschiebt den Betriebspunkt zu größeren Strömen. Konstruktionsbedingt kann das aber deutlich von Motorhersteller zu Motorhersteller variieren. Im Prinzip ist es so: mehr Pole im Motor reduzieren die Drehzahl an der Welle, das ist wie ein elektronisches Getriebe. Je mehr Pole ein Motor hat, desto niedriger kriegt man im Verhältnis den Ri hin - meist steigt aber auch der Leerlaufstrom an, so dass wirkungsgradmäßig das Maximum irgendwo im Bereich 2-6 Pole liegt.
Braucht man niedrige Drehzahlen (Flieger), dann machen ggf. auch deutlich mehr Pole Sinn, wenn man sich dadurch ein (wirkungsgradreduzierendes) Getriebe spart.
2. Die letzten 5-10% der Güte eines Motor sind Effekte, die diese einfache Theorie nicht abdecken kann. Das sind mehrere, aber ebenso wichtige Punkte.
a. Rastmoment oder nicht. 2-Poler werden meist ohne Eisen in der Wicklung hergestellt, damit haben sie kein Rastmoment. Ab 4-Polern werden meistens Konstruktionen mit Eisenzähnen zwischen den Wicklungen genutzt, die haben z.T. erhebliches Rastmoment. Rastmoment bringt eine Bremswirkung, in manchen Fällen erwünscht, in anderen nicht - für manche Fälle kann das sogar ein KO-Kriterium sein.
b. über die Eisensättigung (Stärke der Magnete, Dicke, Güte und Form des Eisenrückschluß) kann man die "Drehzahlsteifigkeit" eines Motors beeinflussen, d.h. wieviel die Drehzahl bei konstanter Spannung unter Last einbricht. Für Boote komme ich persönlich besser mit einem sehr drehzahlfesten Motor klar, weil ich über den Propeller einstellen will, wie schnell das Boot fährt und wieviel Strom es verbraucht. Hat man noch relativ wenig Ahnung von Booten, ist ein weniger drehzahfester Motor besser, weil der Fehlabstimmungen eher verzeiht - da rauchts dann nicht gleich.
RC-Cars und Flieger wollen explizit sehr drehzahlweiche Motoren, weil z.B. die RC-Cars das Drehmoment um die Ecke nicht nutzen können (Fahrzeug bricht aus), auf der Geraden aber Geschwindigkeit nachlegen wollen. Drehzahlweiche Motoren beinhalten so eine Art eingebautes Vario-Getriebe. Je nach Anwendungsfall möchte man das oder auch nicht.
c. Das Drehmoment als "Kraft * Hebelarm" ist eine Meßgröße, die besagt, wieviel Kraft der Motor auf den Propeller (oder ein Rad) abgeben kann. Unter statischen Bedingungen (=Boot oder Auto fährt mit konstanter Geschwindigkeit) sind Drehzahl und Drehmoment konstant. Was aber für ein Boot auch interessant ist, ist, wie schnell sich das Drehmoment ändern kann - das bewirkt dann das Beschleunigungsvermögen des Fahrzeugs.
Hier stellt man dann fest, dass Motoren mit vergleichsweise kurzem Rotor, aber größerem Rotordurchmesser besser beschleunigen und besser im Boot funktionieren, als ein Motor identischer Bauweise, Drehzahl und Gewicht, der einen dünneren, aber längeren Rotor besitzt. Und das obwohl der längere Motor im Prinzip durch die im Vergleich kleineren Wickelköpfe (das sind vorn und hinten am Motor die quer verlegten Drähte, die kein Drehmoment beitragen) eigentlich besser sein sollte. Natürlich gilt dies nur bei Motoren identischer Bauweise - man kann das nicht grundsätzlich zwischen 2poler und 6poler vergleichen.
Trotzdem entscheidet aber manchmal doch der Motordurchmesser und man nimmt z.B. im Eco eher dünnere Motoren, weil damit der Wellenwinkel geringer ausfallen kann. Für Mono oder Hydro (mit gebogenen oder Flexwelle) würde ich aber immer einen dickeren Motor benutzen.
Ich hoffe, das umreißt einige Punkte, die zur "Güte" eines Motors betragen und erklärt auch, warum es nicht DEN Elektromotor für alle Anwendungen gibt.
Jörg
jan3927
1.July.2011, 13:47
Hallo
Auch wenn ich nicht der Fragesteller war,habe ich es gerne gelesen und finde es sehr aufschlussreich und verständlich erklärt :thx:
Gruß Jan